Bayern: Mehr ökologische Lebensmittel aus heimischer Produktion

30 Prozent aller deutschen Ökobetriebe wirtschaften in Bayern. Auch bei der Verarbeitung von Ökoerzeugnissen ist Bayern führend. Mit dem Landesprogramm BioRegio 2030 treibt das Bundesland den ökologischen Landbau weiter voran. Wir sprachen mit Ministerialrat Wolfgang Wintzer, Leiter des Referats Pflanzenbau, Ökologische Landwirtschaft, Berglandwirtschaft am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, über Herausforderungen und Chancen. Von Kirsten Sulimma

Das Wachstum der ökologischen Landwirtschaft in Bayern ist ungebrochen. Wie Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber im Vorfeld der Online-Messe BioFach, Weltleitmesse der Ökobranche, in München mitteilte, sind im vergangenen Jahr im Freistaat über 400 Betriebe mit rund 15.000 Hektar Fläche neu in den Öko-Landbau eingestiegen. Mittlerweile bewirtschaften rund 11.000 Öko-Betriebe in Bayern über 380.000 Hektar Fläche. Damit stieg die Öko-Fläche auf über zwölf Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Gute Ideen fördern

Wichtiger Impulsgeber für die positive Entwicklung des Öko-Landbaus in Bayern ist vor allem das Landesprogramm BioRegio 2030, mit dem Bayern eine Steigerung der heimischen Öko-Fläche auf 30 Prozent bis zum Jahr 2030 anstrebt. Es verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und verbessert die Rahmenbedingungen in den Bereichen Bildung, Beratung, Förderung, Vermarktung und Forschung. Besondere Akzente setzt es durch Maßnahmen, die den Absatz heimischer Öko-Erzeugnisse stärken sollen. Das Landesprogramm setzt die wesentlichen Aktivitäten des Vorgängerprogramms BioRegio Bayern 2020 aus dem Jahr 2012 fort, zu denen auch die Öko-Modellregionen gehören.

Inzwischen arbeiten insgesamt 27 Öko-Modellregionen als Impulsgeber an der Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus in Bayern. Seit 2014 hat das Landwirtschaftsministerium in drei Wettbewerbsrunden Gemeindebündnissen, die sich erfolgreich mit einem aussagekräftigen Konzept beworben haben, den Titel „staatlich anerkannte Öko-Modellregion“ verliehen. In diesen Öko-Modellregionen arbeiten Kommunen, Landwirte, Verarbeiter und Verbraucher zusammen, um den ökologischen Landbau in der Region entlang der Wertschöpfungsketten voranzubringen.

Ab-Hof-Verkauf

Ab-Hof-Verkauf

Bodenfruchtbarkeit

Bodenfruchtbarkeit

Gemüseanbau

Gemüseanbau

Agrarbiotope

Agrarbiotope

Folgende Themenbereiche werden bearbeitet:

  • Landwirtschaftliche Erzeugung (einschließlich Gartenbau, Imkerei und Teichwirtschaft)
  • Verarbeitung unter Berücksichtigung des Ernährungshandwerks
  • Vermarktung, Gastronomie, Hotellerie, Gemeinschaftsverpflegung
  • Diversifizierung (Agrotourismus, Direktvermarktung, Pädagogische Angebote)
  • Information und Bewusstseinsbildung

Die Projekte sind so konzipiert, dass sich viele Verknüpfungspunkte mit Themen einer nachhaltigen Regionalentwicklung ergeben:

  • Biodiversität und Landschaftspflege
  • Regionale Versorgung/Nahversorgung/Erhalt von intakten Ortskernen
  • Nachhaltiger Tourismus und Naherholung
  • Soziale Landwirtschaft
  • Solidarische Landwirtschaft
  • Regionale Wertschöpfung, regionales Handwerk

Im Fokus der Öko-Modellregionen steht aber nicht nur die Steigerung der Öko-Anbaufläche, sondern auch die Verbindung von Regionalität und ökologischer Erzeugung. Es geht auch vor allem darum, die in den Regionen vorhandenen Potenziale zu erschließen und gemeinsam mit engagierten Akteuren vorhandene Strukturen zu beleben oder neue aufzubauen. In jeder Region gibt es aktive, unternehmerische Menschen, die etwas bewegen wollen und ihre Region und den ökologischen Landbau voranbringen möchten. Die Öko-Modellregionen bieten diesen Menschen Unterstützung und Begleitung, um die nächsten Schritte zu gehen.

Streuobstwiesen
Wichtiges ökologisches Ziel: der Erhalt von Streuobstwiesen
Anbauvielfalt und Vernetzung

Oberallgäu Kempten beispielsweise unterstützt die regionale Aufzucht und Vermarktung von Bio-Milchviehkälbern und den Aufbau der Marke „Allgäuer Hornochse“. In der Region Waldsassengau gehen junge Landwirte und Verarbeiter ungewöhnliche Wege und beweisen Mut zur Anbauvielfalt, die neue Impulse in der Wertschöpfung setzt. Der Landkreis Ostallgäu hat das Ziel, Verpflegungseinrichtungen sowie Gastronomie enger mit der regionalen Bio-Landwirtschaft zu vernetzen und mehr bio-regionale Lebensmittel in der Außerhauspflege einzubringen. Regionen wie Ilzer Land, Miesbacher Oberland und Günztal kümmern sich besonders um den Erhalt von Streuobstwiesen.

Über Modellregionen und Wertschöpfungsketten sprachen wir mit Ministerialrat Wolfgang Wintzer, Leiter des Referats Pflanzenbau, Ökologische Landwirtschaft, Berglandwirtschaft am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Herr Wintzer, warum setzen Sie in Bayern auf Öko-Modellregionen (ÖMR)?

Die Öko-Modellregionen setzen unsere Ziele in ihrer Region passgenau um. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf der Ökologisierung der Landwirtschaft oder auch gleich auf der Umstellung auf ökologischen Landbau. Die Unterstützung beim Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten und der Bewusstseinsbildung beim Verbraucher stärkt den Zusammenhalt in der Region. Und es ermöglicht den Landwirten wie auch den Verbrauchern, gemeinsam eine zukunftsfähige Land- und Ernährungswirtschaft in ihrer Region zu gestalten.
Viele Bundesländer haben diesen Ansatz mittlerweile übernommen. Das zeigt, dass wir hier Vorreiter sind und uns auf dem richtigen Weg befinden.

Die Umstellung ist mitunter ein langwieriger Prozess mit einigen Herausforderungen. Mit welchen Argumenten können Sie die heimischen Landwirte überzeugen?

Die Umstellung auf den Ökolandbau fällt den Landwirten dann leicht, wenn sie Marktchancen für ihre Ökoprodukte sehen und ein nachhaltig stabiles oder steigendes Einkommen erwirtschaften können. Vor dem Hintergrund unseres ambitionierten Ausbauziels in Bayern arbeiten wir besonders an einem verbesserten Marktzugang für bayerische Ökoprodukte. Deshalb versuchen wir nicht, die Landwirte zu einer Umstellung zu drängen, sondern wollen dem Ökolandbau Chancen eröffnen.

Wie fördern Sie die Wertschöpfungskette Landwirte – Verarbeiter – Vermarkter? Wie bringen Sie Produzenten und Verbraucher zusammen?

In den Öko-Modellregionen wird der Aufbau von Öko-Wertschöpfungsketten auf regionaler Ebene unterstützt. Parallel dazu fördert das Bayerische Landwirtschaftsministerium ein Pilotprojekt im Rahmen des Bayerischen Bio-Siegels. Dieses identifiziert Lücken in Wertschöpfungsketten und hilft Unternehmen, diese Lücken zu schließen. Ziel ist es, die Palette an Produkten mit dem Bayerischen Bio-Siegel kontinuierlich zu erweitern. Die Aktivitäten aus dem Pilotprojekt werden in Zukunft im sogenannten Öko-Board Bayern weitergeführt. Außerdem bieten wir zwei Programme an, die Investitionen in den Bereichen Erfassung, Verarbeitung und Vermarktung fördern.

www.stmelf.bayern.de

Fotos: StMELF (Aufmacherfoto); www.oekolandbau.de / BLE, Bonn / Thomas Stephan (5); Wolfgang Wintzer (1)

Wolfgang Wintzer

Ministerialrat Wolfgang Wintzer leitet das Referat Pflanzenbau, Ökologische Landwirtschaft, Berglandwirtschaft am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

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