ProVeg startet Forschungsprojekt Smart Protein

Das Essen der Zukunft braucht kein tierisches Protein

Anfang des Jahres startete ProVeg International mit 32 Partnern in 21 Ländern das größte Forschungsprojekt Europas: Smart Protein. In den kommenden vier Jahren sollen hochinnovative proteinreiche Nahrungsmittel entwickelt werden. Dazu zählen neben Fleisch auch Fisch oder Käse aus pflanzlichen Rohstoffen.

Das Essen der Zukunft braucht kein tierisches Protein, sagt ProVeg International. Im Gegenteil: Pflanzliche Proteine seien eine große Marktchance für Landwirte. Vegane Burger sind schließlich längst der Renner, pflanzenbasierte Würstchen oder Schnitzel finden sich in jedem Supermarkt. Und auch Milchalternativen aus Reis oder Hafer gehören selbst im Discounter zum Standardsortiment.

Aber das ist nur die Zwischenstation einer rasanten Entwicklung: Anfang des Jahres startete ProVeg mit 32 Partnern in 21 Ländern das größte Forschungsprojekt Europas: Smart Protein. Mit einem Budget von fast zehn Millionen Euro sollen in den kommenden vier Jahren hochinnovative proteinreiche Nahrungsmittel auf Basis von Pflanzen, Pilzen und Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion entwickelt werden.

Ein Hauptziel des Projekts ist, durch die Entwicklung nachhaltiger, nahrhafter und eiweißreicher Alternativen zu herkömmlichen Eiweißquellen zum Aufbau einer zukunftssicheren Proteinversorgung beizutragen. Dies sei eine direkte Antwort auf einige der drängendsten Herausforderungen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, einschließlich des Klimawandels und der globalen Ernährungssicherheit, sagt die Organisation.

Verena Wiederkehr, International Head of Food Industry & Retail bei ProVeg, erklärt das Ziel: „Wir wollen geschmacklich hoch attraktive Produkte entwickeln, die für Klima, Umwelt, Tierwohl und Gesundheit besser sind als die herkömmlichen und sich auch in großen Mengen herstellen lassen.“ Sie fährt fort: „Diese innovativen Techniken und Prozesse wurden bisher bei keinem Projekt dieser Art und Größenordnung eingesetzt. Außerdem sind die potenziellen positiven Auswirkungen auf den Planeten nicht zu unterschätzen. Indem wir Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie zu essbarem Eiweiß für den menschlichen Verzehr aufbereiten, machen wir große Fortschritte auf dem Weg zu einer dringend benötigten Kreislaufwirtschaft, die unsere schnell wachsende Bevölkerung tatsächlich ernähren kann.“ Die ersten pflanzlichen Protein-Produkte – darunter Alternativen zu Fleisch, Wurst, Fisch und anderen Meerestieren, Käse, Säuglingsnahrung und weitere Milchprodukte sowie Backwaren – werden voraussichtlich 2025 auf dem Markt erscheinen.

32 Partner aus 21 Ländern

Insgesamt 32 Partner aus Industrie, Forschung und Wissenschaft aus 21 verschiedenen Ländern, darunter Deutschland, werden an dem Smart-Protein-Projekt zusammenarbeiten, das von der School of Food and Nutritional Sciences am University College Cork in Irland geleitet wird. Zu den wichtigsten Kooperationspartnern gehören die Fraunhofer-Gesellschaft, die Universität Kopenhagen, ProVeg, Barilla, Thai Union, Döhler und AB InBev.

Emanuele Zannini, Senior Research Officer am University College Cork und Projektleiter von Smart Protein, erklärt: „Mit Smart Protein überdenken wir die gesamte Protein-Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Verbrauch sowohl im Hinblick auf die Produktionsleistung als auch auf die Umweltbelastung. Wir streben eine Verbesserung der Bodengesundheit durch den Einsatz biologischer regenerativer landwirtschaftlicher Verfahren an, die widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels sind und so die langfristige finanzielle Zukunft der Landwirte unterstützen.“

Verwertung sogenannter Nebenprodukte

Der Ansatz und die Strategie von Smart Protein sind insofern einzigartig, als dass der Schwerpunkt auf Nebenprodukten bestehender Herstellungsprozesse liegt – Wertstoffe, die häufig als Tierfutter verwendet werden. Proteine aus Mikroorganismen werden hergestellt, indem Pilzen Nährboden aus Nudeln (Nudelreste), Brot (Brotkrusten) und Bier (Althefe und Wurzelkeime aus der Mälzung) zugeführt werden. Neue Produkte werden auch auf der Basis von Pflanzen entwickelt, etwa aus Ackerbohnen, Linsen, Kichererbsen und Quinoa. Einer der Schwerpunkte dabei ist die Optimierung von Struktur und Geschmack. Neben Sahne, Butter oder Quark aus pflanzlichen Rohstoffen besteht auch bei Fisch- und Meeresfrüchten ein riesiges Potenzial.

Aus dieser absehbaren Entwicklung ergeben sich auch für die Landwirte neue, attraktive Perspektiven. Die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen steigt jetzt schon erheblich, die Lebensmittelhersteller suchen bereits händeringend nach Lieferanten für Erbsen, Hafer und Linsen. Für die Landwirte wäre eine Neuausrichtung auch dringend nötig: Trotz Milliardensubventionen aus Brüssel leiden sie unter Preisverfall und Überproduktion. Wegen Missständen in der Tierhaltung und dem Einsatz von Pestiziden stehen sie zudem in der Öffentlichkeit am Pranger.

ProVeg-Expertin Verena Wiederkehr: „Hier gibt es enorme Marktchancen für Landwirte! Es wäre dabei allerdings wichtig, dass die EU sich bei Subventionen auch auf pflanzliche Produkte fokussiert. Eine solche Wende kann zudem die Landwirtschaft zu einem nachhaltigen Treiber des Klimaschutzes machen.“

Verena Wiederkehr leitet bei Proveg International den Bereich Lebensmittel und Handel

Foto: ProVeg

Über Smart Protein

Das Smart-Protein-Projekt wird durch das Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union finanziert und trägt die Grant Agreement Nr. 862957. Smart Protein baut auf den wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnissen des vorangegangenen Horizont 2020-Projekt PROTEIN2FOOD auf. Beide Projekte sind aus der von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommenen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung hervorgegangen, in der rechtliche Verpflichtungen zum Umdenken unserer Ernährungssysteme festgelegt wurden.

Smart Protein verfügt über ein Gesamtbudget von 9,6 Millionen Euro, wovon 8,2 Millionen Euro von der Europäischen Kommission bereitgestellt werden. Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren ab dem 1. Januar 2020.

ProVeg e. V. ist die weltweit erste international tätige Ernährungsorganisation, die sich für die pflanzliche Lebensweise einsetzt. ProVeg verfolgt das Ziel, den weltweiten Tierkonsum bis 2040 um 50 Prozent zu verringern.

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